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„Reinfall
Eine Backketten-Filiale mit kleinem fensterlosen Café im Mini-EKZ Hermannquartier an einem
Nord-Neuköllner Verkehrsknotenpunkt - guter Standort, wenig betuchte Klientel. Das Café ist funktional und schmucklos, die Aussicht auf den Mittelgang des Centers mit Rolltreppe nach unten und Bankomaten alles andere als erquicklich. Die Tische mit roten Kunstleder-Zweisitzern sind meist zur Hälfte besetzt, überwiegend mit Älteren, die neben den günstigen Preisen wahrscheinlich vor allem die Ruhe schätzen.
Das Backwaren-Angebot ist überschaubar - wer hier einkauft, hat keine besonderen Ansprüche, es ist Alltagsversorgung. Die Gegend ist nicht mit Bäckereien gesegnet: außer zwei angesagten superteuren Läden, wo die Hipster Schlange stehen, gibt es nur ein paar Biomarkt-Theken, Supermarkt-Regale und türkische Bäckereien mit ihren Weißmehl-Produkten. Eine Konditorei gibt es überhaupt nicht, dafür etliche Baklava-Läden. So paßt also Thoben ins Bild.
Ich esse "so was" eigentlich nicht - Billigbäcker-Gebäck. Kuchen oder Torte kommt bei mir ohnehin selten auf den Teller, dann aber exquisit, ergo teuer. Ganz gelegentlich überfällt mich ein Notstand, der mich zum Nächstbesten greifen und sogar wider besseres Wissen etwas Süßes von minderwertiger Qualität kaufen läßt.
So ein Fall ist heute eingetreten. Bei einer Besorgung fiel mein Blick auf Mohnkuchen, rabenschwarz, also keine Griespampe, die mit ein bißchen Alibi-Mohn umdeklariert wird - das verlockte mich. Mohnsaat ist mittlerweile sehr teuer geworden, etwa 10 Euro kostet das Kilo, daher war dieser Kuchen mit unverdünnter Mohnfüllung sehr preiswert: nur 2 Euro das Stück.
Mohngebäck hat in meiner Familie Tradition, und schon als Kind half ich meiner Mutter beim Backen. Die Füllung wurde mit selbstgemachten Rumrosinen und Orangeat oder Zitronat aromatisiert und in gezuckerter Milch gekocht. Die Thobensche Füllung enthielt wahrscheinlich keine Milch, dafür umso mehr Zucker und war mit künstlichem Rumaroma versetzt, das sich mit der Erdigkeit der Samen zu einer komischen Sumpfigkeit verband. Die Mohnsaat war unzureichend gequollen und fühlte sich im Mund sandig an, die Samenschalen papierartig. Der dünne untere Boden war unspektakulär, der obere noch dünner, dafür war der Zuckerguß bzw. die Fondant-Schicht umso dicker. Fazit: zwar eine großzügige Portion Mohn, doch leider kein Genuß, dazu noch völlig übersüßt.
Eigentlich mag ich Käsekuchen am liebsten, daher ließ ich mich dazu hinreißen, davon ebenfalls ein Stück zu kaufen. Ein winziges Stück, das gerade mal 5x10x3 cm maß, zu 2,20 Euro. Es war gänzlich bleich, kein Hauch von Gelb oder Gold. Auch hier war der Boden unspektakulär. Die Käsemasse war katastrophal: Quark mit viel Stärke, etwas Schaumgeber und einer Riesendröhnung bitterem Zitrusgeschmack aus der Retorte. Das Ganze schien kaum gebacken zu sein, daher die staubig unverbundene Stärke auf der Zunge - nichts Sahne-Cremiges, Eier-Geschmeidiges, Käse-Bröckeliges und keine frischen Aromen, nur Zucker und Backessenz.
Das war nun meine dritte und letzte Probe von Thobens Backwaren. Den Bienenstich hatte ich früher schon mal gekostet: quietschgelber überzuckerter Pudding auf einem aufgeblasen wirkenden Kuchenboden, von matschigen Streuseln bedeckt. Die Karikatur eines Bienenstichs! Auf die Erdbeerschnitte mit geschätzt fünfeinhalb Früchten in mächtig Gelatine, immerhin ungefärbt, zum stolzen Preis von 3,50 das kleine Stück, konnte ich gut verzichten.
Der Service heute paßte zur schlechten Produktqualität. Die junge Frau war langsam, unaufmerksam und - nun, nicht unfreundlich, aber gleichgültig. Aus der Registrierkasse ergoß sich ein Strom ausgedruckter Quittungen in Richtung Kundschaft über das Backwerk: wurscht. Apfelkrapfen mit Druckertinte, lecker und bestimmt sehr gesund...
Wenn diese Filiale nicht einen Treffpunkt für manche Menschen böte, wäre mein Urteil null Punkte. So gibt es einen Trostpunkt.
...”weniger
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„Danke an Lutz Thoben, dass ihr mir eine neue Filiale im HermannQuartier direkt vor die Nase gesetzt habt.
Somit habe ich in Neukölln inzwischen die Auswahl aus 5 Filialen, egal wo ich mich gerade rumtreibe.
Hier war ich aber am ersten mal am schwanken wieviel Sterne ich vergebe. Es ist am Standort gesehen ein praktikables Café und Backshop geworden, der natürlich immer mit frischen Waren aus der Hausbäckerei in Spandau angeliefert wird.
Und hier zitiere ich mal selbst:
"Ich mag die Produkte von Thoben!
Die Preise sind in jeder Filiale gleich und super günstig, z.B. die Schrippe für nur 15 (Fünfzehn) Cent, meine geliebte Kümmelstange für 50 Cent usw. Auch die Kuchenteile sind lecker und günstig.
Ich habe bei mir in Neukölln immerhin drei Filialen zur Auswahl bei der mir diese am besten gefällt....
Dort wie auch hier hole ich mir gerne etwas zum Frühstück. Meine mit Salami belegte Kümmelstange und dem Kaffee kamen mit € 2,30 günstig über den Ladentisch.
Die halben belegten Brötchen und der Kaffee kosten um die 1 €.
Lutz Thoben stammt aus einer Bäcker-Familie in Berlin. Bereits vor seiner Firma gab es schon ein Bäckerei-Unternehmen namens Thoben. Diese wurde von einem Familienmitglied geführt. Lutz Thoben führt nun unter seinem Familiennamen die Tradition erfolgreich im westlichen Teil Berlins fort.
3 Sterne. Die Quantität hat leider abgenommen.
P.S. Mist, jetzt habe ich alle drei Thoben Filialen in Neukölln bewertet, da muss ich wohl weiter weg."
Neukölln hat jetzt schon fünf!
Aber weshalb war ich am schwanken? Diese Filiale ist eine Schüler- und Ausbildungsfiliale! Da kann man gerne mal etwas länger warten, weil ein/e Schüler/in zwischendurch mal den Saal verlässt, weil der Antrieb fehlt. Es sind zwar auch zur Hilfe feste Angestellte dort aber den alltäglichen Ablauf überlässt man den Praktikaten/innen und Azubis.
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